Leseprobe - Kap. IV
Als Aldrian am nächsten Morgen erwachte, klopfte Genion bereits an die Tür seiner Wohnstätte und rief mit lauter Stimme: „Komm schon, Aldrian, heute kommen wieder die Zwerge von Cromlaun zum Tausch und Handel auf den großen Platz. Du kannst mir behilflich sein, wenn du ein Auge für gute Waffen hast.“
Da sich Aldrian seit seiner Kindheit mit der Kunst des Schmiedens und mit vielerlei Erzen beschäftigt hatte, war es weit mehr als nur ein gutes Auge, welches er für Schmiedearbeiten besaß. Er kannte jeden Trick und erkannte guten Stahl schon an der Maserung des Schliffes und am Klang der Klinge. Sogar der Geruch in der Nase und das Gefühl, welches ein Schmiedestück auf seinen Fingerkuppen hinterließ, konnte ihm viel über die Machart und die Qualität verraten. Genion hätte sich keinen besseren Berater wählen können, auch wenn er dies nicht wusste. Aldrian beeilte sich, denn echte Zwerge hatte er schon immer einmal aus der Nähe sehen wollen. Er schmückte sich bewusst mit seinen vorzüglichen Waffen und vergaß auch den Tabak und die Pfeife nicht.
Schließlich hörte er seit Jahren, dass er einen Zwergenbart hätte. Warum sollte er sich dann nicht standesgemäß ausrüsten. Er eilte aus seiner Hütte und vergaß vor lauter Aufregung sogar, nach Funkenglut zu sehen. Er folgte Genion zu dem großen Platz, wo bereits viele Elben und Zwerge heftig feilschten und mit eifrigen Gesprächen beschäftigt waren. Genion hatte einen großen Stand vorbereitet, auf dem allerlei Kräuter, Gewürze, Schmuckstücke und wundervolle Bogen aus Gublonhorn lagen. Bereits nach kurzer Zeit kamen einige Zwerge an Genions Stand. Sie hatten bepackte Esel mit Waren dabei. Aldrian konnte sein Staunen nicht verbergen. Diese kleinwüchsigen, aber äußerst kräftigen Männer hatten doch tatsächlich einen genauso stattlichen Bartwuchs wie er selbst! Einer der jüngeren Zwerge betrachtete einen liebevoll gearbeiteten Bogen, der von allerbester Machart war.
„Nicht ganz schlecht, dieses Stück. Ich biete Euch dafür diese magisch geschmiedete Axt an“, sprach der Zwerg.
Genion nahm die Axt in die Hand und sagte: „Ein wunderschöner Griff, so schön verziert und gut zu halten.“
Aldrian wurde von den Zwergen von oben bis unten gemustert, und es wurde eifrig über seinen Bart geschwatzt. Aldrian hielt sich vorerst bewusst zurück, kraulte seinen kräftigen Bart und genoss die verblüfften Blicke der Zwerge. Plötzlich fragte Genion nach Aldrians Meinung über die Axt. Aldrian nahm die Axt und schlug sie mit der flachen Seite gegen den Rücken seiner Messerklinge und lauschte dem Klang. Die Zwerge sahen ihn immer verblüffter an.
„Diese Klinge scheint heute schlecht bei Stimme zu sein“, betonte Aldrian mit einem überlegenen Lächeln im Gesicht. Als Aldrian an der Klinge roch und mit geschlossenen Augen durch seine Fingerkuppen den Stahl erfühlte, brach eifriges Geschwätz und Gegeifer unter den Zwergen aus.
Aldrian sprach ganz bescheiden: „Wenn Brot zu lang im Ofen bleibt, bekommt es eine raue Kruste. Doch wahrlich, der Griff ist wunderschön!“
Genion wollte das Geschäft schon abschließen, da er Aldrians Anspielungen nicht verstanden hatte. Doch Aldrian fiel ihm in das Wort und fragte den Zwerg in vollem Ernst: „Wie viele dieser Äxte gedenkt Ihr gegen diesen meisterlichen Bogen zu tauschen?“
Nun hatten es die Zwerge erkannt, hier war einer, der ihre List durchschaute. Die Zwerge gingen einige Schritte zurück und berieten sich. Aldrian packte währenddessen seinen Tabak und die Pfeife aus und stopfte sie gelassen. Er nahm einen Holzzweig und entzündete ihn über einer Fackel. Nun sah er die Zwerge ruhig an und entzündete voller Genuss sein Pfeifchen. Den Zwergen schien es die knorrige Sprache zu verschlagen. Sie wendeten sich erstaunt ab und verließen den Stand. Es dauerte jedoch nicht lange, da kamen sie mit Verstärkung zurück. Es war ein wahrhaft alter Zwerg mit wasserblauen Augen und ergrautem Haar. Er sah Aldrian genau an und fragte ihn: „Was gedenkt Ihr wohl, wie viele Äxte dieser wunderbaren Machart für diesen recht guten Bogen angebracht wären?“
Aldrian sagte darauf, ohne weiter zu überlegen: „Nun, wenn ehrlich alle Äxte von dieser wunderbaren Machart sind, dürfte wohl ein Dutzend genügen.“
Das Gesicht des alten Zwerges wurde grimmig. Dann entspannte es sich und ging von einem Lächeln in lautstarkes Lachen über. „Gebt ihm sein Dutzend Äxte, ha, ha, ha, ha und noch einen Schleifstein dazu, ha, ha, ha, ha, ha, ho, ho, ho!“
Der Zwerg hatte verstanden, dass Aldrian ein Kundiger der Schmiedekunst war und er wollte dieses Talent hoch achten. Genion verstand überhaupt nichts mehr und dachte sich, dass Aldrian mit den Zwergen Schabernack treiben wollte.
Der alte Zwerg ging dicht zu Aldrian und fragte ihn nach seinem Namen. „Aldrian von Alfengrimm, mein Herr“, antwortete Aldrian mit stolzer Stimme.
„Ein wahrhaft seltener und königlicher Name, mein Freund“, bemerkte der alte Zwerg voller Ehrfurcht.
„Was raucht Ihr da für ein leckeres Pfeifchen?“, wollte der alte Zwerg wissen. Aldrian verlor kein Wort, griff in seinen Beutel und übergab dem Zwerg großzügig von seinem Tabak. Der Zwerg stopfte sich seine Pfeife und entzündete sie auf dieselbe Weise, wie Aldrian es zuvor getan hatte. Genussvoll inhalierte er den Rauch und sagte überrascht: „Ein gutes Kraut, ein wahrlich gutes Kraut, mein Freund! Habt Dank, mit Euch machen wir gern und jederzeit gute Geschäfte.“ Der Zwerg ging wieder zu den Seinen und sprach einige Worte in einer Sprache, die Aldrian fremd war. Der Zwerg drehte sich nochmals um und sah Aldrian mit einem überzeugenden Lächeln an, wobei er lustvoll an seiner Pfeife zog. Die anderen Zwerge kamen an den Stand zurück und ertauschten alle Waren von Genions, jedoch plötzlich zu akzeptablen Angeboten. Genion wusste nicht, was hier eigentlich geschehen war. Doch er freute sich natürlich sehr darüber, dass seine Waren so gut getauscht wurden. So gut wie noch nie zuvor.
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